Ziehungsverfahren
Für die Ermittlung der Jokerzahl wird ein Ziehungsgerät, das sechs voneinander getrennte Kammern besitzt, verwendet. In jeder dieser Kammer befinden sich zehn Kugeln, die mit den Ziffern 0 bis 9 beschriftet sind. Bei der Jokerziehung wird nacheinander aus jeder der sechs Kammern genau eine Kugel gezogen. Die Ziffern der sechs gezogenen Kugeln ergeben dann die Gewinnzahl. Durch diese Vorgangsweise ist sichergestellt, dass jede sechsstellige Zahl mit der gleichen Wahrscheinlichkeit als Gewinnzahl gezogen wird.
Würden nämlich alle 60 Kugeln in eine Kammer gelegt und danach sechs Kugeln (ohne Zurücklegen) gezogen, so hätte nicht jede sechsstellige die gleiche Chance, als Gewinnzahl ermittelt zu werden. Ein derartiges Verfahren wurde bei der Olympialotterie der deutschen Glücksspirale im Jahr 1971 verwendet − dabei wurden für die Ermittlung einer siebenstelligen Gewinnzahl aus einer Trommel, die jeweils sieben Kugeln mit den Ziffern 0 bis 9 enthielt, nacheinander sieben Kugeln ohne Zurücklegen gezogen.
Welche Jokerzahlen wären aber bei einem solchen Ziehungsverfahren (alle Kugeln in einer Kammer) begünstigt ?
Einen ersten Überblick erhält man durch eine Gegenüberstellung der beiden Wahrscheinlichkeiten P(sechs gleiche Ziffern) und P(sechs verschiedene Ziffern). Es gilt dabei:
P(sechs verschiedene Ziffern) = (60/60) ⋅ (54/59) ⋅ (48/58) ⋅ (42/57) ⋅ (36/56) ⋅ (30/55) = (69984/357599)
P(sechs gleiche Ziffern) = (60/60) ⋅ (5/59) ⋅ (4/58) ⋅ (3/57) ⋅ (2/56) ⋅ (1/55) = (1/5006386)
Durch die größere Anzahl an Möglichkeiten kann also eine sechsstellige Zahl mit lauter verschiedenen Ziffern leichter als eine sechsstellige Zahl mit einer (stets gleichen) Ziffer (z.B. 1 1 1 1 1 1) ermittelt werden.
Unter Berücksichtigung der verschiedenen Anordnungsmöglichkeiten erhält man für die Ereignisse "fünf gleiche Ziffern", "vier gleiche Ziffern", "drei gleiche Ziffern" und "zwei gleiche Ziffern" folgende Wahrscheinlichkeiten:
P(fünf gleiche Ziffern) = (60/60) ⋅ (5/59) ⋅ (4/58) ⋅ (3/57) ⋅ (2/56) ⋅ (54/55) ⋅ BK(6,1) = (162/2503193)
P(vier gleiche Ziffern) = (60/60) ⋅ (5/59) ⋅ (4/58) ⋅ (3/57) ⋅ (54/56) ⋅ (48/55) ⋅ BK(6,2) = (9720/2503193)
P(drei gleiche Ziffern) = (60/60) ⋅ (5/59) ⋅ (4/58) ⋅ (54/57) ⋅ (48/56) ⋅ (42/55) ⋅ BK(6,3) = (25920/357599)
P(zwei gleiche Ziffern) = (60/60) ⋅ (5/59) ⋅ (54/58) ⋅ (48/57) ⋅ (42/56) ⋅ (36/55) ⋅ BK(6,4) = (174960/357599)
Die Ausdrücke BK(6,k) entsprechen dabei den Binomialkoeffizienten "6 über k", d.h. den Möglichkeiten, k gleiche Ziffern auf sechs vorhandene Stellen zu verteilen − die verbleibenden Stellen für die "anderen" Ziffern sind damit eindeutig festgelegt.
Nun können aber z.B. bei drei richtigen Ziffern auch noch zwei der verbleibenden drei Ziffern gleich sein (z.B. 1 1 1 2 2 4). Für diesen Fall erhält man die Wahrscheinlichkeit:
P(einmal drei gleiche Ziffern und einmal zwei gleiche Ziffern) = (60/60) ⋅ (5/59) ⋅ (4/58) ⋅ (54/57) ⋅ (5/56) ⋅ (48/55) ⋅ BK(6,3) ⋅ BK(3,2) = (64800/2503193)
Hier entspricht der erste Binomialkoeffizient der Anzahl der Möglichkeiten, drei gleiche Ziffern auf sechs vorhandene Stellen zu verteilen und der zweite Binomialkoeffizient der Anzahl der Möglichkeiten, zwei gleiche Ziffern auf die insgesamt noch drei verbleibenden Stellen zu verteilen.
Analog erhält man:
P(einmal vier gleiche Ziffern und einmal zwei gleiche Ziffern) = (60/60) ⋅ (5/59) ⋅ (4/58) ⋅ (3/57) ⋅ (54/56) ⋅ (5/55) ⋅ BK(6,2) ⋅ BK(2,2) = (2025/5006386)
Sind allerdings zwei Ziffern mit der gleichen Häufigkeit (> 1) vertreten, so muss die Anzahl der Möglichkeiten noch zusätzlich reduziert werden.
So gilt etwa für das Ereignis "zweimal jeweils drei gleiche Ziffern":
P(zweimal jeweils drei gleiche Ziffern) = (60/60) ⋅ (5/59) ⋅ (4/58) ⋅ (54/57) ⋅ (5/56) ⋅ (4/55) ⋅ BK(6,3) ⋅ (1/2) = (900/2503193)
Der letzte Faktor (1/2) ist nötig, da sonst jede Möglichkeit doppelt gezählt werden würde. Dieser Korrekturfaktor ist auch bei den Ereignissen "zweimal jeweils zwei gleiche Ziffern" und "zweimal jeweils zwei gleiche Ziffern" nötig.
Für diese (noch fehlenden) Ereignisse erhält man schließlich unter Berücksichtigung aller bisher erwähnten Aspekte:
P(zweimal jeweils zwei gleiche Ziffern) = (60/60) ⋅ (5/59) ⋅ (54/58) ⋅ (5/57) ⋅ (48/56) ⋅ (42/55) ⋅ BK(6,2) ⋅ BK(4,2) ⋅ (1/2) = (60750/2503193)
P(dreimal jeweils zwei gleiche Ziffern) = (60/60) ⋅ (5/59) ⋅ (54/58) ⋅ (5/57) ⋅ (48/56) ⋅ (5/55) ⋅ BK(6,2) ⋅ BK(4,2) ⋅ BK(2,2) ⋅ (1/6) = (20250/2503193)
Beim letzten Ereignis muss berücksichtigt werden, dass drei Ziffern auf insgesamt 3! = 6 Arten die Plätze untereinander tauschen können.
Damit ergibt sich folgende Wahrscheinlichkeitsverteilung − zwecks leichterer Vergleichbarkeit wurden alle Werte auf einen gemeinsamen Nenner gebracht und die Ereignisse nach aufsteigenden Wahrscheinlichkeiten geordnet:
Eigenschaft | Beispiel | Wahrscheinlichkeit |
---|---|---|
sechs gleiche Ziffern | 1 1 1 1 1 1 | 10/50063860 |
fünf gleiche Ziffern | 1 1 1 7 1 1 | 3240/50063860 |
zweimal jeweils drei gleiche Ziffern | 1 3 3 1 1 3 | 18000/50063860 |
einmal vier gleiche und einmal zwei gleiche Ziffern | 3 1 3 1 1 1 | 20250/50063860 |
vier gleiche Ziffern | 1 2 1 1 5 1 | 194400/50063860 |
dreimal jeweils zwei gleiche Ziffern | 1 3 8 3 1 8 | 405000/50063860 |
einmal drei gleiche Ziffern und einmal zwei gleiche Ziffern | 1 4 6 1 1 6 | 1296000/50063860 |
einmal drei gleiche Ziffern | 1 7 1 4 9 1 | 3628800/50063860 |
sechs verschiedene Ziffern | 2 7 4 5 9 3 | 9797760/50063860 |
zweimal jeweils zwei gleiche Ziffern | 1 3 9 6 9 3 | 10206000/50063860 |
einmal zwei gleiche Ziffern | 1 4 7 3 1 8 | 24494400/50063860 |
Die angegebene Verteilung kann auch mit Hilfe einer Erweiterung der hypergeometrischen Verteilung ermittelt werden (nähere Details finden sich in der Randspalte des Beitrags Gewinnerwartung beim Lotto 6 aus 45).
Für die Bestimmung der gesuchten Verteilung werden die insgesamt 60 Kugeln in zehn Gruppen mit jeweils sechs Kugeln unterteilt. Die erste Gruppe besteht aus sechs Kugeln, die jeweils die Ziffer 0 besitzen, die zweite Gruppe aus sechs Kugeln, die jeweils die Ziffer 1 besitzen, ...
Es gibt insgesamt BK(60, 6) Möglichkeiten, sechs von insgesamt 60 Kugeln ohne Zurücklegen auszuwählen.
Für das Ereignis "einmal drei gleiche Ziffern und einmal zwei gleiche Ziffern" werden zunächst drei Ziffern aus einer (ersten) Gruppe gezogen. Dies ist − innerhalb dieser Gruppe − auf BK(6, 3) Arten möglich.
Nun werden zwei Ziffern aus einer anderen Gruppe gezogen. Hier gibt es BK(6, 2) Möglichkeiten.
Schließlich wird noch eine Ziffer aus einer der acht (verbleibenden) Gruppen gezogen, was auf BK(6, 1) Arten möglich ist.
Nun kann jede der zehn Gruppen für die Ziehung der ersten drei (gleichen) Ziffern ausgewählt werden − dies ist also auf BK(10, 1) Arten möglich. Für die Auswahl der zweiten Gruppe, aus der genau zwei (gleiche) Ziffern gezogen werden, gibt es BK(9, 1) Möglichkeiten und für die verbleibende dritte Gruppe genau BK(8, 1) Möglichkeiten.
Damit erhält man für die gesuchte Wahrscheinlichkeit den Wert [BK(6, 3) ⋅ BK(6, 2) ⋅ BK(6, 1) ⋅ BK(10, 1) ⋅ BK(9, 1) ⋅ BK(8, 1)] / BK(60, 6) = (1296000/50063860)
Die Wahrscheinlichkeiten für die anderen Ereignisse können durch leicht veränderte Ansätze berechnet werden.